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Aufhebungsvertrag-Experte

Aktuelles aus dem Arbeitsrecht // Blog

9. November 2017 von Gero Bathke | Artikel teilen: Auf Facebook teilenAuf Twitter teilenAuf Xing teilenAuf LinkedIn teilen

Kündigung und Insolvenz – was Arbeitnehmer wissen müssen

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Bei Air­Ber­lin wird eine Über­nah­me wesent­li­cher Geschäfts­tei­le durch die Luft­han­sa und easy­jet voll­zo­gen. Aber nur ein Teil der Mit­ar­bei­ter wird über­nom­men. Zahl­rei­chen Mit­ar­bei­tern droht kurz­fris­tig die Kün­di­gung.

Das Amts­ge­richt Ber­lin-Char­lot­ten­burg hat am 01.11.2017 das Insol­venz­ver­fah­ren für die bri­ti­sche Air Ber­lin PLC, die Air Ber­lin PLC & Co. Luft­ver­kehrs-KG und die Air Ber­lin Tech­nik GmbH eröff­net. Die nicht insol­ven­ten Töch­ter der Air Ber­lin, Niki und LGW, sol­len nach der wett­be­werbs­recht­li­chen Prü­fung durch die EU der Luft­han­sa ver­kauft wer­den.

Eine Trans­fer­ge­sell­schaft für bis­he­ri­ge Ver­wal­tungs­mit­ar­bei­ter von Air Ber­lin hat die Arbeit auf­ge­nom­men.

Dr. Gero Bath­ke, Fach­an­walt für Arbeits­recht und Exper­te für Auf­he­bungs­ver­trä­ge und Kün­di­gun­gen, erklärt in die­sem Arti­kel, wel­che Rech­te die von Kün­di­gun­gen bedroh­ten Arbeit­neh­mer trotz der Insol­venz ihres Arbeit­ge­bers haben.

1. Arbeitnehmerrechte bei Kündigung in der Insolvenz

Die Insol­venz eines Unter­neh­mens ist kein Kün­di­gungs­grund.

Viel­mehr gel­ten auch in einer Insol­venz­si­tua­ti­on die all­ge­mei­nen arbeits­recht­li­chen Rege­lun­gen. Nur in Teil­be­rei­chen erge­ben sich in einer Insol­venz­si­tua­ti­on Beson­der­hei­ten.

Besonderheit 1: Kündigungsberechtigter

Hin­sicht­lich der For­ma­li­en einer Kün­di­gung gilt die Beson­der­heit, dass die Kün­di­gungs­be­rech­ti­gung vom bis­he­ri­gen Arbeit­ge­ber auf den Insol­venz­ver­wal­ter über­geht.

Bei den Air-Ber­lin Gesell­schaf­ten muss anhand des tages­ak­tu­el­len Ver­fah­rens­stan­des im Insol­venz­ver­fah­ren der jeweils Kün­di­gungs­be­rech­tig­te geprüft wer­den.

Die genaue Prü­fung der Kün­di­gungs­be­rech­ti­gung lohnt sich, denn eine Kün­di­gung ist bei Feh­lern in die­sem Bereich unwirk­sam.

Frei­stel­lung? Auf­he­bungs­ver­trag? Kün­di­gung?
Dr. Gero Bath­ke erklärt Ihnen, was als nächs­tes zu tun ist.

Besonderheit 2: Kündigungsfristen

Bei den Kün­di­gungs­fris­ten bestehen im Insol­venz­ver­fah­ren eini­ge Nach­tei­le für den Arbeit­neh­mer.

Zwar gilt zunächst im Bereich einer ordent­li­chen Kün­di­gung die gesetz­li­che, tarif­ver­trag­li­che oder arbeits­ver­trag­li­che Frist in Form der für den Arbeit­neh­mer güns­tigs­ten Norm, sprich die längs­te Kün­di­gungs­frist. Sofern Kün­di­gungs­fris­ten mit weni­ger als drei Mona­ten bestehen, kann der Insol­venz­ver­wal­ter nach die­sen Fris­ten kün­di­gen. Anders bei Kün­di­gungs­fris­ten von mehr als drei Mona­ten:

Es gilt nach Insol­venz­recht eine soge­nann­te Höchst­frist von drei Mona­ten. Das bedeu­tet, dass die Kün­di­gungs­frist für den Insol­venz­ver­wal­ter immer auf maxi­mal drei Mona­te begrenzt ist, selbst wenn die gesetz­li­chen, tarif­ver­trag­li­chen oder arbeits­ver­trag­li­chen Kün­di­gungs­fris­ten län­ger als drei Mona­te sind. Dies ergibt bei­spiels­wei­se für den über 20 Jah­re lang beschäf­ti­gen Arbeit­neh­mer eine Her­ab­set­zung der arbeit­ge­ber­sei­ti­gen Kün­di­gungs­frist von sie­ben Mona­ten auf drei Mona­te.

Besonderheit 3: Personen mit besonderem Kündigungsschutz wegen langjähriger Betriebszugehörigkeit oder Lebensalter

Beson­de­re, für den Arbeit­neh­mer nach­tei­li­ge Rege­lun­gen gel­ten im Bereich des Kün­di­gungs­schut­zes für Per­so­nen, die wegen Lebensalters/Betriebszugehörigkeit auf­grund Tarif­ver­trag nicht ordent­lich künd­bar sind. Hier durch­bricht die Insol­venz­ord­nung die­sen Kün­di­gungs­schutz, indem die eigent­lich unkünd­ba­ren Arbeits­ver­hält­nis­se mit einer Frist von drei Mona­ten gekün­digt wer­den kön­nen. Ein sol­cher alters­be­ding­ter Kün­di­gungs­schutz kann sich außer aus einem Tarif­ver­trag auch aus einer Betriebs­ver­ein­ba­rung oder indi­vi­du­el­len Abre­den mit dem Arbeit­neh­mer erge­ben. Auch in die­sen Fäl­len wird der Kün­di­gungs­schutz durch­bro­chen, und es gilt dann eine Drei-Monats-Frist für Kün­di­gun­gen.

Alle ande­ren Kün­di­gungs­schutz­nor­men, ins­be­son­de­re das Kün­di­gungs­schutz­ge­setz, fin­den aber auch in der Insol­venz­si­tua­ti­on Anwen­dung.

Für außer­or­dent­li­che Kün­di­gun­gen erge­ben sich kei­ne Modi­fi­ka­tio­nen, eben­so nicht im Bereich per­so­nen­be­ding­ter oder ver­hal­tens­be­ding­ter ordent­li­cher Kün­di­gun­gen.

Hin­sicht­lich betriebs­be­ding­ter Kün­di­gun­gen gilt auch in der Insol­venz­si­tua­ti­on das Kün­di­gungs­schutz­ge­setz sowie die vom Bun­des­ar­beits­ge­richt ent­wi­ckel­te Recht­spre­chung. Das Bun­des­ar­beits­ge­richt hat inso­weit für den Bereich von betriebs­be­ding­ten Kün­di­gun­gen ein stren­ges vier­stu­fi­ges Prüf­sche­ma ent­wi­ckelt

  • Stu­fe 1: Bestehen drin­gen­de betrieb­li­che Erfor­der­nis­se für den Weg­fall des Arbeits­plat­zes?
  • Stu­fe 2: Ist ein ande­rer frei­er und gleich­wer­ti­ger Arbeits­platz im Betrieb oder in einem ande­ren Betrieb des Unter­neh­mens vor­han­den?
  • Stu­fe 3: Ist ein ande­rer frei­er, jedoch gering­wer­ti­ge­rer Arbeits­platz vor­han­den?
  • Stu­fe 4: Ist eine ord­nungs­ge­mä­ße Sozi­al­aus­wahl im Betrieb erfolgt?

Mit dem Betriebs­rat müs­sen vor­ab Ver­hand­lun­gen über einen Inter­es­sen­aus­gleich und Sozi­al­plan statt­fin­den. Wird im Inter­es­sen­aus­gleich eine Namens­lis­te zu kün­di­gen­der Arbeit­neh­mer ver­ein­bart, gilt insol­venz­recht­lich eine gesetz­li­che Ver­mu­tung, dass die Kün­di­gung gerecht­fer­tigt ist. Die­se Ver­mu­tung kann im Ein­zel­fall aber durch­aus wider­legt wer­den.

Im Bereich einer Betriebs­schlie­ßung und für die Still­le­gung wesent­li­cher Betriebs­tei­le gilt es, fol­gen­des zu beach­ten: Stützt der Insol­venz­ver­wal­ter die Kün­di­gung auf eine Still­le­gungs­ab­sicht, kann die­se Absicht ange­zwei­felt wer­den, wenn ein Über­nah­me­an­ge­bot im zeit­li­chen Zusam­men­hang mit der Kün­di­gung ver­han­delt wird. Hier erge­ben sich arbeit­neh­mer­sei­tig oft gute Argu­men­ta­ti­ons­mög­lich­kei­ten, das Vor­lie­gen einer Still­le­gungs­ab­sicht anzu­zwei­feln.

Bei Son­der­kün­di­gungs­schutz, z.B. für Betriebs­be­auf­trag­te, Behin­der­te, Son­der­kün­di­gungs­schutz wegen Pfle­ge oder Fami­li­en­el­tern­zeit, Schwan­ger­schaft oder Eltern­zei­ten ist auch zu prü­fen, ob der Insol­venz­ver­wal­ter vor Kün­di­gun­gen die erfor­der­li­chen behörd­li­chen Zustim­mun­gen ein­ge­holt hat.

Bei einem Betriebs­über­gang gilt auch in der Insol­venz die nor­ma­le gesetz­li­che Rege­lung, dass eine Kün­di­gung wegen des Über­gangs eines Betrie­bes unwirk­sam ist.

Bei Vor­lie­gen eines soge­nann­te Erwer­ber­kon­zep­tes ist eine betriebs­be­ding­te Kün­di­gung mög­lich, wenn der Erwer­ber ein kon­kre­tes Kon­zept erstellt hat, wie die Arbeits­plät­ze zukünf­tig zuge­ord­net sein wer­den, und wenn die­ses Kon­zept auch hin­rei­chend klar und nach­voll­zieh­bar ist. Auch dies ist im Ein­zel­fall jeweils sorg­fäl­tig zu prü­fen. In vie­len Fäl­len erge­ben sich auch hier Angriffs­mög­lich­kei­ten.

2. Klage zum Arbeitsgericht

Nach Zugang der Kün­di­gung gilt eine Frist von drei Wochen, inner­halb derer eine Kün­di­gungs­schutz­kla­ge beim zustän­di­gen Arbeits­ge­richt ein­ge­reicht wer­den muss.

3. Wie sind die Chancen der Arbeitnehmer?

Da bis auf eini­ge Beson­der­hei­ten auch in der Insol­venz­si­tua­ti­on das gesam­te stren­ge Kün­di­gungs­schutz­recht nebst der dahin­ter ste­hen­den Recht­spre­chung Anwen­dung fin­det, erge­ben sich auch in der Insol­venz­si­tua­ti­on viel­fäl­ti­ge Mög­lich­kei­ten, Kün­di­gun­gen wirk­sam anzu­grei­fen. Wenn nicht ganz sicher fest­steht, dass der Betrieb voll­stän­dig ein­ge­stellt wird, son­dern statt­des­sen der Betrieb zumin­dest teil­wei­se fort­ge­führt oder (teil-)übertragen wird, lohnt es sich in vie­len Fäl­len, gegen die Kün­di­gung frist­ge­recht bin­nen drei Wochen Kla­ge zu erhe­ben, um so die Chan­cen auf einen Fort­be­stand des Arbeits­plat­zes oder eine Abfin­dungs­zah­lung zu wah­ren.

In den Air­Ber­lin-Fäl­len wird genau zu prü­fen sein, in wel­cher Teil­spar­te die Beschäf­ti­gung erfolg­te und ob es zu ver­schlei­er­ten Betriebs­über­gän­gen kommt. Das hat wesent­li­chen Ein­fluss auf die Chan­cen im Kün­di­gungs­schutz­ver­fah­ren und die Höhe von Abfin­dun­gen.

Kann Ihr Arbeits­platz erhal­ten wer­den? Wie sind Ihre Chan­cen? Wel­che Abfin­dung ist ange­mes­sen? Und was muss gege­be­nen­falls beim Auf­he­bungs­ver­trag beach­tet wer­den?

Zudem ist die Über­prü­fung ange­bo­te­ner Auf­he­bungs­ver­trä­ge – auch sol­cher auf Sozi­al­plan­ba­sis – bezo­gen auf den Ein­zel­fall sinn­voll, um Nach­tei­le wie z.B. Sperr­zei­ten beim Bezug von Arbeits­lo­sen­geld oder Aus­schlüs­se berech­tig­ter Ansprü­che zu ver­mei­den.

Kategorie: Kündigung

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Dr. Bathke ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Fachanwalt für Versicherungsrecht.
Auf aufhebungsvertrag-experte.de schreibt Dr. Bathke über aktuelle, interessante und unterhaltsame Themen aus dem Bereich Arbeitsrecht.

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